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Neue Ausstellung „Gesicht zeigen“ von Andrea Döring & Kerstin Friedrichs

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Der Verein Auekunst e.V. präsentiert in seinen Räumen in Liebenau die Ausstellung „Gesicht zeigen“ ab dem 6.Feb.2022, 16:00 Uhr (ohne Eröffnungsveranstaltung). Für diese Ausstellung haben die beiden Künstlerinnen Andrea Döring aus Oyle und Kerstin Friedrichs aus Liebenau zahlreiche Personen portraitiert und stellen diese Zeichnungen zusammen mit den Arbeiten von Schülern der OBS Marklohe aus. Die Ausstellung läuft bis zum 27.3.2022.

Anstoss zur Ausstellung hatte ein Zufallsfund alter Zeichnungen des Künstlers Karl Meier aus dem Jahre 1930 gegeben. Anlässlich der 850-Jahr-Feier sichteten die Künstlerinnen die Bilder im Rathaus Liebenau für eine Ausstellung. Dabei tauchten einige alte Portraitzeichnungen von Liebenauer Bürgern auf. Da beide Künstlerinnen sich sehr viel mit Portraitzeichnungen beschäftigen, reifte die Idee, einmal eine Ausstellung mit den historischen Arbeiten und mit zeitgenössischen Zeichnungen zusammenzustellen.

Vervollständigt wird die Ausstellung mit den Arbeiten der OBS Marklohe zum Thema „Portrait“. Dabei haben sich die Schüler*innen unterschiedlicher Nationalitäten mit dem Thema auf vielfältige Weise auseinandergesetzt. Es entstanden zahlreiche Arbeiten als Zeichnung, als Collage, Skulptur und vieles mehr.

Für alle Beteiligten war es ein spannender Prozess die „Handschrift“ des jeweils anderen zu entdecken. Menschen unterschiedlicher Epochen, Gesichtsausdrücke, Gesten, Kleidung, Frisuren zu betrachten und dabei Verbindungen und Unterschiede herauszuarbeiten und sich mit den anderen Menschen zu befassen. Ein wichtiges Thema gerade in Corona- und Maskenzeiten.

Jeder kennt sie: Die langen Reihen von Ahnenportraits in Schlössern und Museen in denen uns die Gesichter fast lebendig anblicken zu scheinen. Blieb es zunächst den Adligen und später dem betuchten Bürgertum vorbehalten, so hat die Portraitmalerei ihren Weg in alle Gesellschaftsschichten gefunden. Die Portraitzeichnung oder Portraitmalerei ist aktuell wie eh und je.

Manche Abbildungen zeigen nur Gesicht und Schultern, andere bilden den Oberkörper ab oder zeigen den gesamten Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen, Der Kopf kann in der Vorderansicht, im Profil, gedreht oder in jeglicher Position dargestellt sein. Doch woher stammt der Wunsch, sich selbst oder einen anderen lieben Menschen gezeichnet oder gemalt um sich zu haben? Haben sich im Laufe der Zeit die Beweggründe geändert?

Bereits im alten Griechenland wurde die Kunst des Portraitierens gepflegt und auch in Italien schuf man Bildnisse berühmter Persönlichkeiten, während im Mittelalter der Mensch als Individuum hinter dem Glauben zurück trat.

Ab dem 14. Jahrhundert sind Bildnisse überliefert, die den Menschen so darstellen, wie wir es uns meistens als Portrait vorstellen. Mit der Renaissance wandert die Kunst weiter Richtung Norden und erreicht Flandern und die Niederlande. In der Hochrenaissance entwickelte Leonardo da Vinci eine Maltechnik, die Portraits, wie das der Mona Lisa, sehr lebensecht aussehen lassen.

Die Portraitmalerei hatte sich zu einer eigenen Kunstrichtung entwickelt und das Selbstbewusstsein der Künstler zeigte sich daran, dass sie begannen ihre Werke zu signieren und sich selbst im Portrait darzustellen. Im 17. und 18. Jahrhundert war die Portraitmalerei in erster Linie Auftragsarbeit. Das Bildnis der Könige, Fürsten und geistlichen Würdenträger diente der Machtdarstellung.

Ab dem 18. Jahrhundert wurden auch private Bildnisse z.B. der Familie in Auftrag gegeben. Zu den bis dato ausschließlich männlichen Künstlern gesellen sich die ersten Künstlerinnen. Ab dem 19. Jahrhundert wurden die Bilder realistischer und lebensnaher. Statt ausschließlich Schönheit und Stattlichkeit gewann die Authenzität eine größere Bedeutung.

Auch die Erfindung der Fotografie änderte nichts an der Beliebtheit des gemalten oder gezeichneten Portraits. Seit dem 20. Jahrhundert sind beide Kunstrichtungen, die Portraitmalerei und die Fotografie gleichberechtigt und weisen viele Überschneidungen auf. Heute mach jeder ein Portrait/Selfie mit seinem Handy nebenbei. Offensichtlich ist die Lust an der Darstellung der eigenen Person oder eines geliebten Menschen seit der Antike ungebrochen und tief in uns Menschen verankert.

Der Dichter Christian Friedrich Hebbel drückte es so aus: „Jeder Mensch trägt einen Zauber im Gesicht – irgendeinem gefällt er“